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Zur Lage in der Beratung Arbeitloser MenschenBerichterstatterin: Gisela Tripp (Arbeitslosenzentrum Dortmund) Arbeitslosigkeit verletzt die Menschenwürde. In Dortmund sind im Januar 2004 52.282 Männer und Frauen arbeitslos. Arbeitslosigkeit benachteiligt die Menschen in den existenziellen Lebensbereichen, führt sie in Armut und zwingt sie unter Kontrolle und Disziplinierung, das Leben gestalten zu müssen. Sie bedeutet den Verlust von persönlicher Souveränität, Verlust von Plänen und Wünschen und Angst vor der Zukunft. Die Arbeitslosenzahlen haben stetig zugenommen – Dortmund hat die zweit-höchste Arbeitslosenquote nach Gelsenkirchen in NRW. 45% aller gemeldeten Arbeitslosen sind bereits 1 Jahr und länger ohne Arbeit. 18.400 Menschen sind älter als 50 Jahre – allein das Alter reicht aus, keine oder nur sehr geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Dortmunder Arbeitslose leben im Durchschnitt mit 795,-€ Arbeitslosengeld, mit 560,-€ Arbeitslosenhilfe. Die Arbeit des ArbeitslosenzentrumDas Arbeitslosenzentrum bemüht sich, für arbeitslose Menschen den gesetzlichen Dschungel zu lichten, sie zu informieren und aufzuklären und ihnen zu ihren berechtigten Ansprüchen zu verhelfen. Das tun wir u.a. durch Info-Broschüren über aktuelle Gesetze, durch Veranstaltungen, unsere Homepage (www.alz-dortmund.de) und besonders durch Gespräche mit dem einzelnen Menschen. 1500 Beratungsgespräche haben wir im letzten Jahr geführt. Viele müssen wir abweisen – unsere Belastungsgrenze ist mit 2 teilzeitbeschäftigten Pädagoginnen erreicht. Dem steigenden Bedarf an Hilfen und Gesprächen steht eine geringe Zahl von Beratungseinrichtungen gegenüber. Die Finanzierung unserer Einrichtung ist für 1 Jahr gesichert. Alles weitere hängt von der Umsetzung der Hartz-Reformen ab. Der Verein hat keine ausreichenden Mittel, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen, die dringend notwendig wären. Merkmale der Agenda 2010 und bisherige WirkungDie Agenda 2010 konzentriert sich auf drastische Leistungskürzungen in den sozialen Sicherungssystemen und gibt grundlegende sozialstaatliche Funktionen auf:
Sie stellen den mit Abstand schärfsten Eingriff in den lohnorientierten Leistungen für Arbeitslose in der Geschichte der BRD dar. Bereits im letzten Jahr hat es erhebliche Verschärfungen und Verschlechterung für Arbeitslose gegeben, die unter dem Konzept „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ firmierten. Wieviele Menschen Ansprüche auf Arbeitslosenhilfe verloren haben, weil per Gesetz mit einem Streich die Freigrenze für vorhandenes Vermögen und für das Einkommen des Partners erheblich gekürzt worden, ist nicht öffentlich bekannt. Diese Maßnahmen führten
Zwei Aspekte möchte ich noch ansprechen, um das aktuelle Bild zu zeichnen:
Dies hat zur Folge, dass die Arbeitlosen, die besonderer Unterstützung bedürfen, keine gewährt wird. Zur künftigen Situation der LangzeitarbeitslosenZu fragen ist: wenn das Arbeitsamt in Zukunft keine soziale Funktion mehr haben soll, was wird mit den Arbeitslosen geschehen, die ab jetzt nicht mehr gefördert werden?
Anspruch und Wirklichkeit der Folgen der neuen Arbeitsmarktinstrumente„Wir bekennen uns zur besonderen Verantwortung gegenüber den Schwächeren in unserer Gesellschaft. Deswegen wollen wir im Rahmen der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe keine Absenkung der zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau. Arbeitslosenhilfebezieher sollen nicht schlechter gestellt werden als bisher“: so Schröder Wir erinnern uns: Hartz wollte bis Ende 2005 die Arbeitslosenzahlen halbieren, ein wesentliches Herzstück dieses Zieles ist die Einrichtung von Personal-Service-Agenturen (PSA), ein weiteres die Ich-AG`s. Das Arbeitsamt nimmt diese Aufgabe nicht selber wahr, sondern vergibt sie an Dritte – nämlich an Zeitarbeitsfirmen, also in Leiharbeitsverhältnisse. In Dortmund sind bis Ende 2003 480 Arbeitnehmer angestellt, 107 sind in Arbeitsverhältnisse gekommen. Zu fragen ist: Werden wirklich mehr reguläre Arbeitsplätze geschaffen oder wird die Verdrängung von Vollzeitarbeit durch Leiharbeit weiter systematisch vorangetrieben wie in den letzten Jahren ? Sind PSA`s nicht ein Mittel zur Privatisierung der Bundesanstalt ? Allgemein bekannt ist, dass Firmen planen, ¼ ihrer Belegschaft aus Leiharbeitern zu rekrutieren, die brutalste Variante ist Entlassung von Beschäftigten und Einstellung über PSA- gleiche Arbeit – weniger Verdienst. Ebenso ist zu befürchten, dass durch die Zunahme von Ich-AG`s Arbeitsplätze verloren gehen – Hartz empfahl Kleinbetrieben, die Hälfte ihrer Belegschaft durch Ich-AG`s zu ersetzen. Da mangelnde Eigenaktivitäten, mangelnde Flexibilität, Mobilität und Vermittlungsresistenz die Gründe für Arbeitslosigkeit sind, müssen weitere Verschärfungen der Zumutbarkeiten geschaffen werden. Jegliche Arbeit ist anzunehmen, dazu gehört auch die gemeinnützige Arbeit mit Mehraufwandsentschädigung von 1,50 €, wir sagen Pflichtarbeit. Die Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen unterstellt, dass diese Angebote an Bedeutung zunehmen, reguläre Beschäftigung nur noch eine Randrolle spielen wird. Der Berufsschutz wird abgeschafft, Ausweitung von Niedriglohnjobs , eine Spirale des Lohndumping kommt in Gang, das gesamte Tarifgefüge wird/soll Schaden nehmen Was ist zu tun ?Zu den Gesetzesmaßnahmen der Regierung müsste noch sehr viel gesagt werden, wichtig wird es sein Menschen gut zu informieren, die Folgen für alle genau zu beschreiben und Alternativen zu diskutieren und zu fordern. Wir wehren uns gegen diese ungeheure armutspolitische Ignoranz, der Gleichgültigkeit gegenüber den Menschen, der Abgehobenheit von Realitäten und dem Alltag von Menschen bereits am Rande der Gesellschaft. Sie schockiert und stößt zugleich ab. Wer tatsächlich an Solidarität und Gerechtigkeit geglaubt hat, dem offenbart sich die hässliche Kehrseite der Agenda. Artikelauswahl
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