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EinführungWiebke Claussen, Sozialforum Dortmund Ich möchte Sie herzlich willkommen heißen zur öffentlichen „Anhörung zur sozialen Lage in Dortmund“ des Dortmunder Sozialforums. Ganz herzlich möchte ich auch die Referenten begrüßen und mich für Ihre Mitwirkung schon vorab ganz herzlich bedanken. Auf dem Podium werden uns später berichten
Wir hatten drei weitere Referenten eingeladen: Walter Klamser von der Erziehungs- und Familienberatungsstelle Westhoffstraße, Hans Adams von der Drogenberatungsstelle Schwanenwall und Jochen Jeuschede von der Schuldnerberatungsstelle des Diakonischen Werkes, die krankheitsbedingt leider ihre Teilnahme haben absagen müssen. Anlass des heutigen Hearings sind die als Sozialreformen bezeichneten Gesetze des Bundes zur Agenda 2010 und die angekündigten Landesmittelkürzungen für soziale Einrichtungen. Unser Anliegen ist es, die Folgen dieser Entscheidungen in der Stadt Dortmund deutlich zu machen. Bislang erfahren wir aus den Medien vor allem über die Situation einzelner Einrichtungen und Träger. Wir möchten mit dieser Veranstaltung zu einer Gesamtbetrachtung kommen, wie die soziale Infrastruktur in unserer Stadt ausgedünnt wird, wie Verarmungsprozesse fortschreiten und welche Auswirkung die Änderungen auf die Situation der betroffenen Menschen haben. Mit dem heutigen Hearing möchten wir auch auf das Dortmunder Sozialforum aufmerksam machen. Das Sozialforum wurde im letzten Oktober vor dem Hintergrund des derzeit laufenden Sozialabbaus wie in vielen anderen Städten in Dortmund gegründet. In ihm haben sich 100 Bürger und Bürgerinnen sowie eine Reihe von Initiativen und Organisationen zusammengeschlossen, um nach Formen der Gegenwehr gegen den laufenden und fortschreitenden Sozialabbau zu suchen, dazu gehört auch Information und Veranstaltung wie die heute Abend. Zu unseren Aktionen gehörte auch ein Forderungskatalog, den wir im Dezember letzten Jahres dem Rat und der Verwaltungsspitze der Stadt Dortmund vorgelegt haben und in dem wir u.a. die Aufstellung eines Reichtums- und Armutsberichtes für die Stadt Dortmund eingefordert haben. Ein Armutsbericht über die soziale Lage in Dortmund wurde zum ersten und bislang letzten Mal im Jahr 1995 erstellt und bislang nicht fortgeschrieben. Die heutige Veranstaltung soll auch den dringenden Bedarf solch eines Berichtes für unsere Stadt deutlich machen. Für die Veranstaltung, die Referentenbeiträge und die anschließende Diskussion, haben wir einen Zeitrahmen bis etwa 21.45- 22.00 Uhr vorgesehen. Wir haben für das Podium Vertreter aus zehn Einrichtungen eingeladen, die schwerpunktmäßig mit bestimmten Personengruppen zu tun haben. Der Bogen wird dabei gespannt
Nach meiner Einführung werden die Referenten uns beispielhaft in einer knappen Darstellung über die Situation in ihrer Arbeit und der von ihnen betreuten und beratenen Menschen berichten. Wir haben die Referenten gebeten, in ihrer kurzen Darstellung auf folgende Fragen einzugehen:
Nach der Darstellung von vier Vertretern wird es eine kleine Unterbrechung und Möglichkeiten für Nachfragen geben. Danach werden drei weitere Vertreter berichten. Im Anschluss daran wird Herr Bruhns-Tripp vom Arbeitslosenzentrum und Mitglied des Sozialforums ein Statement halten, in der die vorgehenden zehn Berichte noch einmal zusammengefasst werden und zur Diskussion übergeleitet wird. Im Anschluss daran ist eine 20-minutige, nach Bedarf verlängerbare Diskussion vorgesehen. Abschließend wird Herr Holtgrave vom Sozialforum noch einmal den Verlauf und Inhalte der Gesamtveranstaltung zusammenfassen und auf Anliegen des Sozialforums hinweisen. Durch den Abend führen werden mein Kollege Friedrich Wilhelm Herkelmann und ich. Mein Name ist Wiebke Claussen. Auch wir sind Mitglieder des Sozialforums Dortmund. PresseresonanzEinschnitte: Forum beklagt soziale Kälte Westfälische Rundschau vom 10.02.2004 / LOKALAUSGABE / DORTMUND Arbeitslosigkeit und Armut steigen, die Verschuldung nimmt zu. Es gibt mehr Obdachlose und hungernde Menschen im eigentlich reichen Deutschland. Dieses Resultat, dass das Dortmunder Sozialforum ermittelt hat, überrascht nicht. Doch abfinden dürfe sich damit niemand, appellierte das Forum. Im Wichernhaus fand die Anhörung zur sozialen Lage in Dortmund statt. Mehr als 100 Interessierte waren gekommen, um die Einschätzung von sieben Einrichtungen und Vereinen zu hören, aber auch selbst ihre Meinung einzubringen. Im Mittelpunkt standen die Folgen der Agenda 2010 und die beabsichtigten Kürzungen auf Landesebene. Ursula Schulze von der Suppenküche Kana fasste ihre Erfahrungen zusammen: "Unser Wirtschaftssystem geht über Leichen!" Denn immer mehr Leute sind auf die Mahlzeiten der Küche angewiesen. Ähnliches kann Alessandra Alberti vom Verein für internationale Freundschaft bereichten, der sich vor allem um ältere Migranten kümmert. "Viele von ihnen sind verzweifelt", so Alberti. Alleine die zehn Euro Arztgebühr könnten sie sich nicht leisten. Die Konsequenz: "Sie gehen nicht mehr zum Arzt." Im Saal seien die "die Opfer" der Sparpläne zu sehen: Jugendarbeit, Kindertagesstätten, Arbeitslosenzentrum und Altenarbeit. Niemand komme ungeschoren davon, beklagten die Diskutanten. Ihre Beispiele illustrierten: die sozialen Sicherungssysteme, die bislang Elend verhindert hätten, drohten nun zusammenzubrechen. Dass Arbeitslosigkeit in Zukunft gleichbedeutend mit Armut ist, machte Gisela Tripp vom Arbeitslosenzentrum deutlich. Über 52 000 Arbeitslose - die zweithöchste Quote in NRW - gibt es in Dortmund, knapp die Hälfte von ihnen ist länger als ein Jahr arbeitslos. Mit Agenda 2010 und Hartz drohe nun der soziale Absturz. "Wir merken es tagtäglich", berichtete Tripp, "die Nachfrage nach Beratung und Hilfe wird größer. Wir können kaum nachkommen." Ganz im Gegensatz zum steigenden Bedarf ist die Zukunft des Arbeitslosenzentrums nur noch für ein Jahr gesichert. Das geht den anderen Initiativen nicht anders: Die Beratungsarbeit werde immer mehr, die Mittel dafür aber würden gestrichen. Der Stadt Dortmund warf Heiko Holtgrave im Namen des Sozialforums vor, "über das absehbare Fiasko bisher kein Wort verloren zu haben". Die sich in Dortmund ausbreitende Armut und die damit vielfach einhergehende soziale Ausgrenzung werde kleingeredet. "Das wollen wir nicht, ganz im Gegenteil wollen wir sie öffentlich machen." Das Sozialforum sehe einen "dringenden Bedarf" an der Aufstellung eines Armuts- und Reichtumsberichtes. Daraus müsse die Stadt dann Konsequenzen ziehen. Von Alexander Völkel Sozialforum veranstaltete Anhörung zur sozialen Lage in Dortmund Die Armut nimmt zu In: Unsere Kirche/Regionalseite Dortmund vom 2.4.2004 Dortmund: UBI. Verwundern kann das Resultat nicht: In Dortmund nimmt die Armut zu, wachsen die Schulden der Bürger, gibt es eine steigende Zahl von Obdachlosen und von Hungernden. Das ist die gemeinsame Aussage von sieben Fachleuten aus verschiedenen Einrichtungen und Vereinen, darunter auch ein Vertreter der evangelischen Jugendarbeit. Präsentiert wurden die Berichte am 9. Februar bei einer Anhörung zur sozialen Lage. Eingeladen dazu hatte das Dortmunder Sozialforum in das mit rund hundert Besucherinnen und Besuchern voll besetzte Wichernhaus. Anlass des Hearings waren die als Sozialreformen bezeichneten Gesetze des Bundes zur Agenda 2010 und die angekündigten Landesmittelkürzungen für soziale Einrichtungen. „Unsere Wirtschaft geht über Leichen“, mit diesen Worten fasste Ursula Schulze von der Suppenküche Kana ihre Erfahrungen zusammen. Vier Mal die Woche gibt die Suppenküche im Dortmunder Norden warmes Essen an die Armen aus. Waren es vor zwei Jahren noch 46.000 Mahlzeiten, so stieg die Zahl letztes Jahr auf über 48.000 an. „Die Leute werden immer ärmer und vor allem die Kinder und Frauen, die zu uns kommen, werden immer mehr.“ Ähnliches berichtete Alessandra Alberti vom Verein für Internationale Freundschaft, der sich vor allem um ältere Migranten kümmert. „Viele von ihnen sind verzweifelt“, so Alberti. Alleine die zehn Euro Arztgebühr könnten sie sich nicht leisten. Die Konsequenz: „Sie gehen nicht mehr zum Arzt“. Jochen Kalmbach von der evangelischen Jugend Scharnhorst-Schalom vertrat die Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Offenen Jugendarbeit der Kirchen. Kürzungen in diesem Bereich seien nicht zu verantworten, hob Kalmbach die Bedeutung der sozialen Hilfen für viele Jugendliche hervor, die kirchliche Jugend-Treffs besuchen. „Wer an Offener Jugendarbeit spart, schafft soziale Probleme bis hin zur Kriminalität in einem viel höheren Maß“, so Kalmbach. Andere Berichterstatter des Abends kamen aus der Arbeit mit Kindertagesstätten und der Altenarbeit. Ihre Beispiele illustrierten: Die sozialen Sicherungssysteme, die bislang Elend verhindert hatten, sind dabei zusammenzubrechen. Dass Arbeitslosigkeit in Zukunft gleichbedeutend mit Armut ist, machte Gisela Tripp vom Arbeitslosenzentrum deutlich. Über 52.000 Arbeitslose – die zweithöchste Quote in NRW – gibt es in Dortmund, mehr als die Hälfte von ihnen ist länger als ein Jahr arbeitslos. Noch bekommt ein Arbeitsloser in Dortmund durchschnittlich knapp 800 Euro im Monat – mit der Agenda 2010 und Hartz droht ihm der soziale Absturz. „Wir merken es tagtäglich“, berichtete Tripp, „die Nachfragen nach Beratung und Hilfen wird größer. Wir können kaum nachkommen“. Ganz im Gegensatz zu steigenden Bedarf ist die Zukunft des Arbeitslosenzentrum nur noch für ein Jahr gesichert. „Ich sehe die Hoffnungslosigkeit in unserer Stadt ständig wachsen“, so ein Zuhörer aus dem Plenum, der forderte:“ Deshalb müssen wir als Betroffene kämpfen, streiten und die politische Veränderung erzwingen“. Der Stadt Dortmund warf Heiko Holtgrave im Namen des Sozialforums in dem Schlussplädoyer vor, „über das absehbare Fiasko bisher kein Wort verloren zu haben“. Die in Dortmund sich ausbreitende Armut werde kleingeredet. „Das wollen wir nicht, ganz im Gegenteil wollen wir sie öffentlich machen“. Das Sozialforum sieht einen „dringenden Bedarf“ an der Bestandsaufnahme über Armut und Reichtum in Dortmund und den daraus zu ziehenden Konsequenzen. Das Dortmunder Sozialforum hat sich im Oktober des letzten Jahres gegründet. Mittlerweile wird es von mehr als 100 Einzelpersonen und etlichen Dortmunder Initiativen und Organisationen unterstützt. |