Sparkasse Hagen provoziert Arbeitslosen-Selbsthilfegruppe
Sparkasse Hagen lässt das Verteilen von Flyern zu Hartz IV durch polizeilichen Platzverweis unterbinden ! Eine Pressemitteilung der Hagener Selbsthilfegruppe Weiße Taube v. 30.3.
Pressemitteilung – Hagen, den 30. 3. 2012
Sparkasse Hagen lässt das Verteilen von Flyern zu Hartz IV durch
polizeilichen Platzverweis unterbinden !
Heute Vormittag hat die Selbsthilfegruppe „Weiße Taube Hagen“, wie häufig in
den letzten drei Jahren, vor der Sparkasse in der Innenstadt Hagen Flyer zur
Hartz IV Problematik verteilt. Thema war, gegen Verunsicherung und Angst
Solidarität zu setzen. Verteilungen vor der Sparkasse finden deshalb statt, weil
am Vormittag des letzten Werktages im Monat die von Hartz IV betroffenen
Menschen die Leistungen dem Konto gutgeschrieben bekommen, man an
diesem Tag dort also sehr viele antrifft.
Die Verteilaktion fand auf dem Gehwegbereich, also auf öffentlicher Wegefläche
statt. Passanten wurden nicht belästigt, im Gegenteil, das Flugblatt wurde
gerne genommen und oft schon am Platz gelesen. Niemanden wurde das
Flugblatt aufgedrängt. Übrigens wurden viele Passanten von den drei Verteilern
auf die mal wieder zeitweise nicht funktionierende Drehtür aufmerksam
gemacht.
Nach gut einer Stunde kamen Mitarbeiter des Hausservices der Sparkasse zu
den Verteilern und fragten, was geschehe. Dies wurde erklärt und darauf
hingewiesen, daß das Verteilen auf öffentlicher Wegefläche ein geschütztes
Grundrecht ist.
Eine Viertelstunde später tauchte eine Streife des Ordnungsamtes auf und
forderte ultimativ auf, daß die Verteiler sich ihnen gegenüber auszuweisen und
das Verteilen einzustellen hätten. Es habe Beschwerden gegeben. Später stellte
sich heraus, daß die Leitung der Sparkasse den Einsatz veranlasst hatte.
Einer willkürlichen Personenkontrolle durch das Ordnungsamt haben sich die
Verteiler natürlich verweigert, denn sie haben ja nichts Strafbares oder
Ordnungswidriges getan. Außerdem ist eine Personenkotrolle, die nicht durch
die Polizeibehörde stattfindet, rechtlich zumindest umstritten.
Also wurde die Polizei gerufen. Diese erklärte, die Sparkasse habe als
Grundeigentümer der öffentlichen Wegefläche das Hausrecht und könne das
Verteilen untersagen. Inzwischen verstieg sich eine Mitarbeiterin des
Ordnungsamtes zu der Behauptung, es habe „massive“ Beschwerden von
Passanten gegeben. Die hinzugekommenen leitenden Mitarbeiter der Sparkasse
waren nicht bereit, auf Gesprächsangebote einzugehen und erklärten, bis zum
„Wassergraben“ (Körnerstraße) und zum Bordstein (Kampstraße) sei die
Gehwegfläche Grundeigentum der Sparkasse und sie hätten das Hausrecht.
Dies wird rechtlich zu klären sein, denn wenn das so wäre, kann die Fläche
nicht gleichzeitig Gehsteig und somit öffentliche Wegefläche sein.1
1Schließlich behauptete die Polizei einmal, daß Verteilen sei eine Versammlung,
die anzumelden sei, dann, daß sei eine Sondernutzung, die vom Ordnungsamt
genehmigt werden müsse. Beides ist schlicht falsch. Besonders delikat wurde
es, als dann von den Mitarbeitern des Ordnungsamtes noch angeführt wurde,
man wolle so das Verteilen von rechtsradikalem Material durch den Zwang von
Anmeldungen verhindern.
1 Eine öffentliche Wegefläche ist entweder durch städtische Widmung eine solche, oder, wenn dies versäumt sein sollte,
durch die jahrelange unstrittige tatsächliche Nutzung durch die Fußgänger. Eine nichtöffentliche Wegefläche muß
eingefriedet oder durch Türen getrennt sein (z.B. wie in der Volmegalerie) und deutlich als nichtöffentlich
gekennzeichnet sein.
Eine öffentliche Wegefläche ist entweder durch städtische Widmung eine solche, oder, wenn dies versäumt sein sollte,durch die jahrelange unstrittige tatsächliche Nutzung durch die Fußgänger. Eine nichtöffentliche Wegefläche muß
eingefriedet oder durch Türen getrennt sein (z.B. wie in der Volmegalerie) und deutlich als nichtöffentlich
gekennzeichnet sein.
Anschließend zog die Polizei die restlichen Flugblätter unter Androhung von
unmittelbaren Zwang ein und sprach gegenüber den Verteilern einen
Platzverweis aus. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes untersagten darüber
hinaus die Verteilung außerhalb der laut Sparkasse als unter Hausrecht
stehenden Fläche. Außerdem wurde eine Ordnungsmaßnahme angedroht.
Die „Selbsthilfegruppe Weiße Taube Hagen“ stellt fest:
Nach unserer Rechtsauffassung, die wir häufig geprüft haben
- ist die Fläche vor der Sparkasse eindeutig öffentliche Wegefläche,
- ist das Verteilen von Flyern auf öffentlichen Wegeflächen eine Form der
grundrechtlich geschützten freien Meinungsäußerung und freien
politischen Betätigung und nicht anmeldepflichtig,
- ist das Verteilen keine Sondernutzung öffentlicher Wegeflächen, solange
keine Schilder oder Tische aufgebaut werden, mithin nicht durch das
Ordnungsamt genehmigungspflichtig,
- ist das Verteilen keine Versammlung, da nicht Dritte öffentlich aufgerufen
wurden, sich zu versammeln,
- ist das Ordnungsamt nicht berechtigt, Personenkontrollen dann
vorzunehmen, wenn offensichtlich keine Ordnungswidrigkeit oder Straftat
vorliegt.
Einer rechtlichen Klärung von gegebenenfalls strittigen Auffassungen sieht die
Selbsthilfegruppe gelassen entgegen und wird diese selbst aktiv betreiben.
Die „Selbsthilfegruppe Weiße Taube Hagen“ sieht in dem Vorgang einen
skandalösen Versuch, die freie politische Betätigung einzuschränken. Sie
erwartet eine Klarstellung und eine förmliche Entschuldigung der Leitung der
Sparkasse, des Oberbürgermeisters und des Polizeipräsidenten.
Verantwortlich: Karl – Ludwig Ostermann, Bolohstraße 75, 58093 Hagen
karlludwig.ostermann@freenet.de