Benutzerspezifische Werkzeuge
Sie sind hier: Startseite Offener Brief von Tacheles an Herrn Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil

Offener Brief von Tacheles an Herrn Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil

Maßnahmen zur Abwendung von Energiearmut bisher unbekannten Ausmaßes. Kommt ein Moratorium zur Aussetzung von Strom- und Gassperren?


Angesichts der Energiekrise mit drastischen Teuerungsraten für Strom und Heizenergie hat der in Wuppertal ansässige Erwerbslosenberatungsverein Tacheles Mitte April einen offenen Brief an Minister Heil gerichtet, in welchem konkrete Handlungsperspektiven und -notwendigkeiten aufgezeigt werden. Auf insgesamt 9 Seiten werden Vorschläge für Herrn Heil und das BMAS aufgezeigt, wie Energiearmut zu begegnen ist und die Rechtsprechung des BVerfG umgesetzt werden kann.

Wir gehen davon aus, dass die Forderungen nicht mit der Einmalzahlung von 200 € für Bezieher gesetzlicher Sozialleistungen bzw. von 300 € für steuerpflichtige Erwerbstätige zum 1. Juli erledigt sind, auch wenn diese Maßnahmen aus dem sog. 2. Entlastungspaket vielleicht Reaktionen auf diesen und ähnliche Briefe aus dem Wohlfahrtsbereich darstellen. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Preise für Strom und Heizenergie irgendwann wieder fallen werden. Daher dokumentieren wir an dieser Stelle die einführenden Bemerkungen des Tacheles-Schreibens vom 11. April 22 an den Minister. Auf den vollen Wortlaut kann über den unten stehenden link zugegriffen werden.


Sehr geehrter Herr Minister Heil, sehr geehrte Damen und Herren,

aufgrund der Energiekrise mit drastischen Teuerungsraten für Strom und Heizenergie sind wir in großer Sorge wegen deren Auswirkungen auf die Menschen in Bezug von Leistungen nach dem SGB II, SGB XII und AsylbLG, der Haushalte, die Kinderzuschlag, Wohngeld oder Ausbildungsförderungsleistungen beziehen, sowie der Menschen und Familien mit geringem Einkommen knapp oberhalb des Anspruchs auf solche Leistungen. Unserer Einschätzung zufolge droht unserer Gesellschaft eine Energiearmut in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Daher richten wir realpolitische Vorschläge an Sie und Ihr Ministerium, die regelmäßig keiner gesetzlichen Änderung bedürfen, sondern mit ministerialen Handlungsanweisungen durchgesetzt werden können.

Das am 23. März 2022 als Ergebnis des Koalitionsausschuss verabschiedete Entlastungspaket ist in Bezug auf die Haushalte, die Grundsicherungsleistungen beziehenden, eine herbe Enttäuschung. So heißt es darin beispielsweise „alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen“ sollen die Energiepreispauschale erhalten. Offen ist, wie z.B. nichterwerbstätige Rentner*innen, Alleinerziehende, pflegende Angehörige oder Geflüchtete ohne Arbeitserlaubnis entlastet werden?

Wir nehmen Bezug auf den an Sie gerichteten Brief der LAG der Jobcenter in NRW vom 16.02.2022, in dem die LAG die gleichen Thematik in den Fokus nimmt. Die dort angesprochene Problematik dürfte sich durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine noch einmal deutlich verschärft haben. Die Energiekosten unterliegen wie die Lebenshaltungskosten Preissteigerungen, die in der Bundesrepublik ohne Beispiel sind. Diese werden sich durch zu erwartende Versorgungsengpässe noch einmal deutlich verschärfen. Hier schließen wir uns dem Befund der LAG der Jobcenter in NRW an und sagen, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, den das BVerfG in seinem Beschluss vom 23.07.2014 (1 BvL10/12) unter Rn. 144 beschrieben hat: Die Regelbedarfe müssen außerplanmäßig angepasst werden.

Weil jedoch eine solche Anpassung mittelbar vor der Einführung des Bürgergelds nicht zu erwarten ist, wollen wir Ihnen Vorschläge für verschiedene konkrete realpolitische Maßnahmen zum Umgang mit der Energiekrise unterbreiten. Diese können weitgehend ohne Gesetzesänderungen, nur durch ministerielle Weisungen umgesetzt werden. Lediglich bei den bei der Bereinigung von Erwerbseinkommen in Bezug auf die Kraftstoffkosten, wäre eine Änderung der ALG II-V notwendig.


Die Vorschläge im einzelnen sowie der komplette Wortlaut des Briefes unter : https://t1p.de/yw7il


Aktualisierung am 13.7.22:

Verbraucherschutzministerin Frau Lemke hat eine Initiative für ein Moratorium zur Aussetzung von Strom- und Gassperren bei Zuspitzung der Energiekrise gestartet . Damit greift Lemke eine Initiative der Konferenz der Verbraucherschutzminister auf. Besonders da wir uns laut Habeck „auf das Schlimmste einstellen" müssen, angesichts der Energiekrise. Weitere Infos dazu: https://t1p.de/fh0iv

Erste Reaktion von Tacheles: "Diese Initiative ist richtig, denn die einkommensschwachen Haushalte werden die gestiegenen Energiekosten nicht stemmen können. Hier sind jetzt Änderungen notwendig."

 

Artikelaktionen