ARD berichtet: Bürgergeld deckt Stromkosten nicht
Differenz von 25 Prozent. Eon hat kürzlich Verdoppelung der Arbeitspreise zum 1.März angekündigt.
Wie bekannt, hat die Bundesregierung bei der Ausarbeitung des Bürgergeld-Gesetzes die Forderung von zahlreichen Verbänden nicht aufgegriffen, Stromkosten künftig den Unterkunftskosten zuzuschlagen. Der Haushaltsstrom ist daher (bis auf den Strom für die Warmwasserbereitung) nach wie vor Teil des Regelsatzes. Die Kosten für den verbrauchten Strom sind auch künftig aus dem Regelsatz zu bestreiten, auch wenn sie den darin vorgesehenen Anteil überschreiten.
Letzteres stellt eigentlich keine Besonderheit dar, aber beim Strom ist die Preisentwicklung - ähnlich wie beim Erdgas - derzeit besonders dynamisch. Nachfolgend ein aktueller ARD-Bericht:
Bürgergeld deckt Stromkosten nicht
Seit diesem Jahr erhalten Arbeitslose
statt Hartz IV das neue Bürgergeld. Einer Analyse von Check24
zufolge reicht der für Energie vorgesehene Regelsatz aber nicht aus,
die Stromrechnung zu bezahlen.
Das neue Bürgergeld deckt nach
Berechnungen des Online-Portals Check24 die Stromkosten der Empfänger
ebenso wenig wie zuvor Hartz IV. Im Posten für Wohnen und Energie -
ohne Miete - sind im Bürgergeld-Regelsatz für Alleinstehende auf
ein Jahr hochgerechnet knapp 511 Euro vorgesehen. Die
durchschnittlichen Stromkosten für einen Ein-Personen-Haushalt mit
einem Jahresverbrauch von 1500 Kilowattstunden beliefen sich trotz
Strompreisbremse jedoch auf 641 Euro, teilte das Münchner
Unternehmen heute mit.
"Damit liegen die Stromkosten 25 Prozent über der Pauschale", lautet das Fazit von Check24. Grundlage der Berechnung sind die Preise der Energieversorger, die über Vergleichsportal Strom verkaufen.
Strompreise steigen immer weiter
Die Sozialverbände VdK und der Paritätische teilen diese Einschätzung. "Der für die Stromkosten veranschlagte Betrag ist viel zu niedrig", kommentierte VdK-Präsidentin Verena Bentele. "Daran hat sich auch mit der Anpassung der Regelsätze nichts Grundsätzliches geändert." Das Problem habe sich mit dem starken Anstieg der Strompreise sogar eher noch vergrößert.
Der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen ist mit der Umstellung von Hartz IV auf das Bürgergeld um 53 Euro auf 502 Euro im Monat gestiegen, das entspricht einer Erhöhung um knapp zwölf Prozent. Darüber hinaus übernimmt der Staat "angemessene" Kosten für Miete und Heizung. Die Stromrechnung muss aber aus dem Regelsatz bezahlt werden - und diese ist aktuell so hoch wie nie.
Im Dezember 2022 zahlte ein Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 5000 Kilowattstunden (kWh) nach Angaben von Check24 im Schnitt 2334 Euro jährlich. Das entspricht einem durchschnittlichen Preis von 46,7 Cent pro kWh. Zum Vergleich: Im Vorjahr zahlten die Verbraucher noch 1704 Euro und damit rund 37 Prozent weniger. Ein Ende der Steigerung ist nicht in Sicht: Im Januar 2023 gab es laut Check24 668 Fälle von Strompreiserhöhungen in der Grundversorgung. Betroffen davon sind rund 7,6 Millionen Haushalte. Die Erhöhungen betragen im Schnitt 60,2 Prozent.
Jobcenter haben "keinen Spielraum"
"Die Leistungen, die eigentlich ein menschenwürdiges Existenzminimum absichern sollen, reichen vorne und hinten nicht, um über den Monat zu kommen", kritisierte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Die explodierenden Strompreise verschärften die Not für die Menschen, die Grundsicherung beziehen. "Für Single-Haushalte waren die Kosten zuletzt fast doppelt so hoch wie das, was amtlich zugestanden wurde", sagte Schneider.
Zuständig für die Auszahlung des Bürgergelds sind die Jobcenter. "Die steigenden Heiz- und Stromkosten sind sehr herausfordernd", sagte eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Heizkosten würden von den Jobcentern regelmäßig in der angemessenen Höhe übernommen. "Anders ist es bei den Stromkosten: Haushaltsstrom ist Teil des Regelbedarfes, wird vom Gesetzgeber festgelegt und jährlich angepasst. Die Jobcenter haben keinen Spielraum, den Regelbedarf anzupassen."
Die Bundesagentur begrüße deshalb sehr, dass der Regelsatz zum 1. Januar so deutlich gestiegen sei. "Dennoch können steigende Stromkosten zu finanziellen Belastungen führen. Sollten Menschen in finanzielle Nöte kommen, können die Jobcenter zumindest ein Darlehen bewilligen."
(Bericht der ARD am 5.1.2023, 13.03 Uhr)
URL
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/stromkosten-buergergeld-energie-101.html
Aktueller Nachtrag
Wie jetzt die WAZ berichtete, wird Eon, Deutschlands größter Stromversorger, die Preise für Privatkunden in mehreren Tarifen drastisch anheben. In Schreiben an Kundinnen und Kunden, die der Redaktion vorlägen, kündigt der Versorger eine Verdoppelung der Arbeitspreise zum 1.März an. Zugleich erwarte der Mieterschutzbund NRW, dass viele Vermieter die Nebenkostenabrechnungen in diesem Jahr früher verschicken als üblich, um nicht auf den hohen Vorauszahlungen sitzenzubleiben. Der größte deutsche Vermieter Vonovia rechne damit, dass für eine 60-Quadratmeter-Wohnung im Schnitt rund 500 Euro Nachzahlungen für das Heizen fällig werden (!).