Tipp: eigene Hinzuzahlungen zur Miete überprüfen!
Wenn die örtlichen Angemessenheitsgrenzen für die Kosten der Unterkunft angehoben werden, sollten alle Leistungsempfänger, die bislang einen Teil der Mietkosten aus eigenen Mitteln bestreiten mussten, prüfen, ob nach der Anhebung die eigene Miete vielleicht komplett innerhalb der Angemessenheitsgrenzen liegt.
Viel zu oft zahlt das Jobcenter oder Sozialamt nicht die tatsächliche Miete, so dass von den eh viel zu niedrigen Regelsätzen noch hinzugezahlt werden muss. Grund sind die hohen Mieten und die „Angemessenheitsgrenzen“ der Ämter, die dann ihre Zahlungen „deckeln“, sofern es den Betroffenen nicht gelingt, die Unterkunftskosten zu senken. Die Ämter überprüfen ab und zu diese „Angemessenheitsgrenzen“, oft nur mit geringfügigen Anhebungen. Sofern Leitungsberechtigte aus ihrem Regelbedarf hinzuzahlen, macht es aber bei jeder „Anhebung“ Sinn zu überprüfen, ob die eigene Miete nunmehr vielleicht komplett innerhalb der Angemessenheitsgrenzen liegt.
Denn es ist, so ein gerichtlicher Vergleich in einem aktuellen Streitfall, u.U. möglich, den bisher selbst aufgewendeten Differenzbetrag (und natürlich auch die heutigen tatsächlichen Unterkunftskosten) nachträglich noch vom Amt zu erhalten.
Sozialhilfe- und Arbeitslosengeld 2 – Beziehende sollten in einem solchen Fall einen Antrag ans Amt stellen, dass die zukünftige (wieder angemessene) Miete sowie die bisher selbst bezahlte Differenz vom Amt übernommen wird. Eine automatische Berücksichtigung der neuen Grenzen gibt es nicht.
Begründung: Zum Zeitpunkt einer Anhebung der Angemessenheitsgrenzen ist nicht auszuschließen, dass im zurückliegenden Zeitraum die tatsächlichen Unterkunftskosten (trotz bis dahin geltender niedrigerer Angemessenheitsgrenzen) nicht ebenfalls angemessen waren; zumal die dafür maßgeblichen Untersuchungen immer aus noch früheren Zeiträumen stammen.
Sachverhalt im vorliegenden Fall
Ein Dortmunder war wegen unangemessener Unterkunftskosten vom örtlichen Sozialamt aufgefordert worden, diese zu senken, wozu sich jener aber nicht bemühte.
Ab 2017 erhielt er nur noch die angemessenen Unterkunftskosten, monatlich ca. 38 € weniger. Seine Miete blieb zwar stabil, aber bis März 2021 summierten sich die selbst hinzugezahlten Mietanteile auf 1825,- €. Durch die Anhebung der Angemessenheitsgrenzen im April 2021 lag die Bruttokaltmiete wieder innerhalb dieser Grenzen und wurde ab dann vollständig übernommen.
Die Zahlung der Differenz lehnte das Sozialamt im Widerspruchsverfahren zunächst ab.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dortmund erklärte sich die Stadt Dortmund schließlich bereit, den zurückliegenden Differenzbetrag zur tatsächlichen Miete in Höhe von 1.825 € zu übernehmen (gerichtlicher Vergleich, siehe gerichtliche Niederschrift hier).
29.11.2021 szy