Sie kriegen den Hals nicht voll: Jetzt soll erneut am Sozialstaat gesägt werden.
26. März: Protestkundgebung gegen die neuen Totalsanktionen beim Bürgergeld
Während der Haushaltsberatungen hatte die Koalition die Einführung
von 100-Prozent-Sanktionen für vermeintliche "Totalverweigerer"
beschlossen - als eine der "Sparmaßnahmen", mit deren Hilfe die
durch das Urteil des BverfG vom 15.11. entstandene Deckungslücke
geschlossen werden soll. Das kam für viele Beobachter
überraschend, denn es fehlt bis dato jeglicher empirischer
Nachweis, dass höhere Sanktionen tatsächlich Arbeitsanreize
schaffen könnten.
Es war vermutlich der – wie sich jetzt herausstellt – untaugliche
Versuch, den viel weiterreichenden Forderungen von CDU, AfD und
Teilen der FDP den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Vollsanktion
für die „Totalverweigerer“ war noch gar nicht ganz in trockenen
Tüchern, da preschte die CDU letzte Woche mit neuen Forderungen
vor. Das Bürgergeld müsse grundlegend überarbeitet, der Begriff
Bürgergeld gleich ganz getilgt werden. Auch der Finanzminister
hatte ein paar Tage zuvor schon mal ein 3-jähriges „Moratorium“
bei den Sozialausgaben ins Gespräch gebracht.
Das hatten wir alles schon einmal. Damals, zu Zeiten von Schröder
und Fischer, ging's um die Liberalisierung des Arbeitsmarkts,
heute eher um die Aufbringung von Haushaltsmitteln fürs Militär.
Der Sozialstaat steht den Herrn Lindner, Merz und Linnemann dabei
im Weg.
Mit ihren Vorschlägen und dem Gerede von einem "Moratorium bei den
Sozialausgaben" soll den Lesern bzw. Wählern suggeriert werden,
die Lösung aller Haushaltsprobleme liege bei den Sozialleistungen.
Wären die nicht so hoch, könnten wir UNS (wurden wir je dazu
gefragt?) die Aufrüstung und die Ukraine-Hilfen locker leisten.
Auch zusätzliche Maßnahmen zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes
wären dann noch drin... Boulevard-Presse und Wirtschaft klatschen
Beifall: Der Staat müsse sich auf die wirklich Bedürftigen
konzentrieren und „wehrhaft gegen Missbrauch sein“, so
Arbeitgeberpräsident Dulger.
Das alles ist brandgefährliche Demagogie und wird auf dem
Rücken der Ärmsten ausgetragen.
SPD und Grüne haben mit Empörung auf die Vorstöße reagiert. Die
Union spiele arbeitende Menschen gegen diejenigen aus, „denen es
gerade nicht so gut geht“, so z.B. der SPD-Vorsitzende Klingbeil.
Doch wir sollten uns nichts vormachen (vormachen lassen). Mehr Rüstung, mehr
Unterstützung für die Ukraine sowie Entlastungen für die
Wirtschaft liegen auch der SPD und den Grünen am Herzen, letzteren
sogar ganz besonders. Insofern steckt hinter den zur Schau
getragenen Differenzen nicht viel. Man muss eher vermuten, dass
der Ampelregierung der Vorstoß der CDU mit Blick auf die kommenden
Wahlen ganz zupass kommt. Eine Gelegenheit, sich als Gutmenschen
aufzuführen.
Das alles sollten wir uns nicht gefallen lassen. Alle Mittel, die
für Krieg und Rüstung verschleudert werden, brauchen wir dringend
für Bildung, Kultur, den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen
und ein menschenwürdiges Leben. Und auch ein Moratorium bei den
Sozialausgaben darf es nicht geben!
Am kommenden Dienstag (26. März) wird es in der Stadt eine
Protestkundgebung gegen die neuen Totalsanktionen beim
Bürgergeld geben, veranstaltet vom Dortmunder Bündnis 'Genug ist
Genug'.
Wir rufen dazu auf, sich daran zu beteiligen. Kommt zahlreich!
Dienstag 17.30 Uhr Ecke Katharinenstr./Kampstrasse
Hier das Flugblatt, das wir auf der Kundgebung verteilen (Flugblatt anklicken!)
Aktualisierung 28. März
Der Bundesrat hat letzte Woche darauf verzichtet, Einspruch gegen das 2. Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 einzulegen, das neben vielem anderen auch die SGB II-Änderung mit den neuen 100-Prozent-Sanktionen enthält. Damit kann das Gesetz in Kraft treten (s. Bundesgesetzblatt I v. 27. März 24).