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Interview zu free.de - Das Radio-Interview zum Nachlesen

p: Johannes, du warst bei der Auftaktveranstaltung zum Dortmunder Sozialforum mit dabei - und hast da gleich tatkräftig dazu beigetragen, dass das Dortmunder Sozialforum eine Website bekommt und Mailinglisten - damit die Leute sich austauschen können. Du hast das alles vollkommen unbürokratisch bei free eingerichtet. Dieses free.de taucht ja auch in unserer Webadresse immer auf - was ist das für ein Verein?

j: free.de ist ein alternativer Provider - um es mal ganz verkürzt zu sagen. Ein Vernetzungsprojekt des Wissenschaftsladen Dortmund und es versucht nach dem Wissenschaftsladenprinzip der Hilfe zur Selbsthilfe den Menschen Medienkompetenz z.B. im Bereich Internet zu vermitteln.

p: Also praktisch heißt das, ihr stellt Leuten Webseiten zur Verfügung - die Möglichkeiten im Internet was zu machen?

k: Ja - Leute treten an uns heran, die von uns gehört haben, was man denn da machen könnte. Da gibt's die verschiedenen Möglichkeiten - angefangen von Homepage, Email, und den klassischen Internetdiensten. Ja, und wir sagen dann, was möglich wäre, was für sie sinnvoll wäre. Und dann funktioniert das Ganze quasi auf Spendenbasis. Wir wollen halt kostendeckend arbeiten und da bitten wir halt immer um Spenden, dass sie regelmäßig spenden - und dann trägt sich das ganze selbst. Weil wir haben ja auch hohe laufende Kosten für den Betrieb.

p: Ihr habt eigene Rechner und habt ein Büro und Räume wo die stehen - und das kostet natürlich. Aber eure arbeit macht ihr vollkommen ehrenamtlich?

j: Die Arbeit ist ehrenamtlich. Der Wissenschaftsladen Dortmund als Trägerverein ist ein gemeinnütziger Verein. Also wenn ihr spenden wollt, dann könnt ihr das notfalls - falls ihr Steuern bezahlt - dann auch von
der Steuer absetzen. Und unsere Räume sind im Langen August, das kennen vielleicht einige, das ist ein selbstverwaltetes Kultur- und Initiativenhaus in der Nordstadt in der Nähe vom Nordmarkt, in der Braunschweiger Str. 22.

p: Aber die sicherste Möglichkeit euch zu erreichen ist wahrscheinlich über das Internet - würd' ich mal vermuten?

j: Einfach im Webbrauser auf www.free.de gehen und da unter Kontakt. Da gibt's die nötigen Infos wie man uns erreicht, wie man uns was spendet, wenn man technische Fragen hat, an wen man sich wenden kann.

p: Der Wissenschaftsladen ist ursprünglich schwer ökologisch ausgerichtet gewesen. Jetzt hat der Wissenschaftsladen da ein Vernetzungsprojekt was ohne Ende Strom verbraucht und 'ne Klimaanlage hat und die Rechner laufen Tag und Nacht durch - ich weiß nicht wie viele. Wie lässt sich das mit dem ökologischen Anspruch des Wissenschaftsladens eigentlich vereinbaren?

k: Na ja eigentlich gar nicht, weil wir halt 'ne Menge Strom verbrauchen. Aber wir haben uns als Kompromiss ausgedacht, dass wir Strom von den Energiewerken Schönau beziehen. Das ist ein bürgernaher Stromerzeuger im Schwarzwald, und darüber beziehen wir unseren Strom, das heißt der ist atomstromfrei.

j: Die haben in der Gemeinde es geschafft, ihr Stromnetz selber zurück zu gewinnen, von dem Energieerzeuger - also dem Konzern. Und das ist das,was hier in Dortmund anfang der 90er leider gescheitert ist, dass die Stadtwerke das Stromnetz zurück bekommen.

p: Was sind das für Gruppen - für Leute die bei euch mitmachen?

j: Da seid zum Beispiel ihr - das ist ein typisches Beispiel. Ihr seid 'ne Gruppe die halt inhaltlich arbeitet, zu 'nem bestimmten Thema und wir haben euch eben geholfen. Zum einen eure Inhalte so unterzubringen, dass die auch bei einer großen Fülle von Informationen noch gut wieder auffindbar sind, dass ihr auch mit mehr Leuten diese Informationen einstellen könnt und dass ihr euch mit Hilfe von Mailinglisten dann eben selbst organisieren könnt. Und genauso gibt es eben auch viele andere Gruppen die das ähnlich oder in größerem oder in kleinerem Umfang machen. Also das ist - ich sag mal - so das gesamte progressive Spektrum.

k: Es ist aber nicht nur auf Gruppen beschränkt, also Einzelpersonen treten genauso an uns heran. Und bei denen ist es auch, dass die das genauso nutzen können wie Gruppen.

p: Bei den großen Webprovidern, die es so gibt - web.de, GMX, wenn man da 'ne Mailadresse hat, wird das ja mittlerweile alles mitgeschnitten. Müsst ihr das auch machen? Macht ihr das auch?

j: Wir machen das nicht - wir müssens auch noch nicht. Man muss da zwei Ebenen unterscheiden: das Eine ist der direkte Zugriff der Staatsorgane auf die Postfächer, dafür müssen die Provider mittlerweile Geräte bereithalten, damit der Staat da direkt drauf zugreifen kann. Und die andere Sache ist die - das Mitschneiden des gesamten Internettraffics durch die Nachrichtendienste. Das sind noch mal 2 verschiedene Ebenen. Dass bei uns nicht direkt abgehört wird - also wenn bei uns jemand ein Postfach hat, kommt der Staat da nicht direkt dran - das ist die eine Sache. Die andere Sache ist natürlich, wenn man irgendwas über das Internet unverschlüsselt macht, dann wird es halt mitgeschnitten - davon muss man einfach ausgehen.

p: Und ihr müsst das nicht machen weil ihr nur einen kleinen Betrieb habt, für den das einfach nicht möglich ist?

j: Ja, wenn wir da so 'ne Box - für ich weiß nicht - 20.000 Euro installieren müssten, wären wir sofort Pleite. Das wär' also völlig absurd - das ginge nicht - und das ist zur Zeit laut Telekommunikationsüberwachungsverordnung müssen es mindestens 1000 User oder Vertragspartner sein, damit man das machen muss.

p: Aber so viel seid ihr nicht - oder so viel User habt ihr nicht und wollt ihr wahrscheinlich auch nicht haben?

j: Wir betrachten uns ja jetzt nicht in erster Linie als Dienstleister, sondern wollen nach dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe arbeiten, und deswegen wäre es eigentlich sehr schön wenn sich dezentral einfach viel mehr solcher Gruppen wie wir bilden würden - und wir versuchen anderen Gruppen dann - oder würden denen dann - versuchen zu helfen, dass sie selbst einen Laden aufmachen können.

k: Also Leute sollen halt auch die technische Kompetenz erwerben um selber was zu machen. Sie sollen nicht nur Konsumenten sein: irgendwo drauf rumklicken, und dann halt 'ne Rechnung bekommen, Vertrag abschließen. Sie sollen halt langfristig, wenn sie bei FREE! mitmachen - soll das Wissen schon von den Machern auch zu den Leuten wandern, die es nutzen, sodass sie irgendwann selber Macher werden.

p: Außer Internet - was macht ihr noch?

j: Also grundsätzlich hat eigentlich alles was wir tun mit Internet zu tun. Nur Internet gibt es halt in allen Farben und Formen. Das reicht dazu, dass sich Leute bei uns auch noch per Modem einwählen können. Oder eben - das ist ein sehr spannendes Projekt, das wir mittragen - das ist die Vernetzung durch die Luft. Ein Problem ist, dass die ganzen Kabel monopolisiert sind - und dass wir deswegen es uns einfach nicht leisten können, unabhängige Vernetzungsinfrastrukturen aufzubauen. Und deswegen experimentieren wir halt mit vielen Leuten aus der Nachbarschaft an einem Netz, das eben durch die Luft geht. Und das heißt auch durchdieluft.net. Könnt ihr euch gern mal angucken, wenn ihr hier in Dortmund wohnt, ist das bestimmt ganz spannend, und wir suchen da auch immer Leute, die mitmachen. Und das ist technisch auch eine sehr innovative Sache und sozial ist es auch sehr interessant, weil dadurch man mit Leuten aus der Nachbarschaft was macht, die man vielleicht sonst nicht kennengelernt hätte. Das ist für alle Leute interessant, die entweder kein Geld mehr haben um sich einen Breitband-Internetanschluss zu besorgen, oder auch für diejenigen, die so einen Breitbandanschluss haben aber gar nicht ausnutzen - und ihn halt gerne mit ihren Nachbarn teilen.

p: Also - wer Interesse daran hat - am besten über die Webseite:

j: www.durchdieluft.net

p: Ansonsten wünsch' ich euch noch viel Erfolg und bedanke mich ganz herzlich.

j: Und weiterhin auf gute Zusammenarbeit.

p.,k.: Jau!

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