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EuGH und Bundesverfassungsgericht stärken Rechte von Flüchtlingen und Zuwanderern aus anderen EU-Ländern

Eine Klatsche für all diejenigen in Regierung und Parlament, die Familienleistungen (bzw. deren Verweigerung) als Instrument der Migrationssteuerung missbrauchen.

 

Der Europäische Gerichtshofs hat dieser Tage zwei wichtige Entscheidungen zugunsten von Flüchtlingen und EU-Bürger*innen getroffen:

 

1) Die deutschen Regelungen zum Familiennachzug in Fällen, in denen das Kind während eines Anerkennungsverfahrens volljährig wird, sind rechtswidrig.

Die Ablehnung der Erteilung eines nationalen Visums zum Zweck der Familien­zusammen­führung an die Eltern eines während dieses Verfahrens volljährig gewordenen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings verstößt gegen das Unionsrecht. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Gleiches gilt für den Fall, dass ein solcher Antrag von einem minderjährigen Kind gestellt wird, das volljährig geworden ist, bevor sein Vater als Flüchtling anerkannt wurde und vor Stellung des Antrags auf Familien­zusammen­führung. Laut dem EuGH kann der Anspruch auf Familiennachzug durch eine eintretende Volljährigkeit der Kinder nicht verloren gehen.

 

2) Unionsbürger*innen haben auch während der ersten 3 Monate ihres Aufenthalts ein Anrecht auf Kindergeld, auch wenn noch keine Erwerbseinkünfte vorhanden sind.

Unionsbürger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründet haben, können nicht deshalb während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts vom Bezug von Kindergeld ausgeschlossen werden, nur weil sie keine Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit in diesem Mitgliedstaat beziehen. Sofern sie sich rechtmäßig aufhalten, genießen sie grundsätzlich Gleichbehandlung mit den inländischen Staatsangehörigen, entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.
Der Gesetzgeber ist nun gefordert, die Ausschlüsse vom Kindergeld für Unionsbürger*innen zu streichen und eine unionsrechtskonforme Neuregelung zu schaffen. Auch bevor eine solche Gesetzesänderung in Kraft tritt, müssen die Familienkassen die Rechtsprechung des EuGH berücksichtigen, da der Ausschluss von vornherein unionsrechtswidrig war und damit rechtlich unanwendbar ist.

 

Ein ähnliche Entscheidung hat dieser Tage das Bundesverfassungsgericht getroffen:

Kindergeldausschluss bei ausländischen Staatsangehörigen mit humanitären Aufenthaltstiteln verfassungswidrig

Das BVerfG hat auf die Vorlage eines Finanzgerichts entschieden, dass § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b des Einkommen­steuer­gesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Anspruchs­berechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstößt und die Vorschrift für nichtig erklärt.

 

Einzelheiten zum erstgenannten Urteil (den Familiennachzug betreffend) hier
Einzelheiten zu den beiden anderen Urteilen (Ausschlüsse vom Kindergeld) hier

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