Benutzerspezifische Werkzeuge
Sie sind hier: Startseite Soziale Lage / Sozialpolitik Dortmund speziell Kommunale Politik / Parteien Was passiert im Stadtrat?

Was passiert im Stadtrat?

Dortmunder Ratssitzung vom 28.09.06 - die Themen: Lohndumping bei kommunalen Unternehmen, Dortmunder U – Begräbnis zweiter Klasse, Phönix-See – Wirtschaftsförderung verdrängt Hörder-innen aus Alt-Hörde, Linke fordert erneut Bürgerbeteiligung beim Haushalt, Masterplan Integration – CDU, FDP und Nazis lehnen Leitbild ab, Förderung regenerativer Energien in Neubaugebieten, Atomtransporte an Dortmunds Stadtgrenze.

Der Infodienst der Ratsgruppe DieLinke.PDS berichtet:

Liebe Leserin, lieber Leser,

Ruppiger Umgangston, eine Marathonsitzung bis in die Nacht hinein – spiegelt der verschärfte Streit im Rat die sich verschärfenden Probleme der Stadt? Ein Alarmsignal, sagen die einen – aber nein, sagen die anderen, das bestreiten wir energisch, ihr redet nur immer alles schlecht. "Dortmund gewinnt," überschrieb der OB eine rosige Jahresbilanz bei der Einbringung des Haushalts 2007. – Ob aber die Dortmunder Politik an Zustimmung bei den Bürgern gewinnt, entgegnete die Linke, das lässt sich an der Wahlbeteiligung ablesen, und die verschlechtert sich von Wahl zu Wahl.

Urteilen Sie selbst anhand unserer heutigen Themenliste:

1. Lohndumping bei kommunalen Unternehmen

2. Dortmunder U – Begräbnis zweiter Klasse

3. Phönix-See – Wirtschaftsförderung verdrängt Hörder-innen aus Alt-Hörde

4. Linke fordert erneut Bürgerbeteiligung beim Haushalt

5. Masterplan Integration – CDU, FDP und Nazis lehnen Leitbild ab

6. Förderung regenerativer Energien in Neubaugebieten

7. Atomtransporte an Dortmunds Stadtgrenze


1.Lohndumping bei kommunalen Unternehmen stoppen!

Zum zweitenmal in diesem Jahr wurde ein öffentliches Unternehmen im Konzern Stadt Dortmund beim Lohnabbau durch Unterlaufen geltender Tarife "erwischt". Neben dem Flughafen nun auch die EDG (Entsorgung Dortmund GmbH) mit ihrer Tochter DOKEG.

Am 28.09.06 sollte der Rat einem Antrag der Stadtverwaltung zustimmen, daß die EDG noch eine neue Tochtergesellschaft gründet – die EDG-Logistik GmbH. Die Linkspartei.PDS witterte noch mehr Lohndumping und wollte mit einem Ergänzungsantrag zum Ratsbeschluß einen Tarifwechsel vom Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TVÖD) auf die deutlich niedrigeren Logistik-Löhne verhindern:

"Der Rat ermächtigt die Vertreter der Stadt in den Organen der EDG, der Gründung nur zuzustimmen unter der Bedingung, daß die neue Gesellschaft bei ihrer Gründung bindend erklärt, unverzüglich dem Verband Kommunaler Arbeitgeber (VKA) beizutreten bzw. den TVÖD anzuwenden."

Allein durch das Einbringen des Antrags und die Pressemeldung darüber musste die EDG öffentlich zugeben, daß es ihr mit der neuen Firma tatsächlich gerade um das Unterbieten von Konkurrenten am freien Entsorgungsmarkt geht, also genau um die Lohnsenkung, um "Arbeitsplätze zu sichern".

Weil aber die Teilnahme der Kommune am allgemeinen Dumpingwettbewerb zu Lasten ihrer Beschäftigten verheerende Folgen für die ganze örtliche Wirtschaft hat, beantragte die Linke.PDS außerdem ganz allgemein:

"1. Der Rat fordert seine Mitglieder in Aufsichtsräten und Beiräten der kommunalen Unternehmen auf, dort für die Tarifbindung an den Öffentlichen Dienst einzutreten.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, bei sich selbst und den kommunal beherrschten Unternehmen sicherzustellen, daß bei allen öffentlichen Aufträgen in die Ausschreibung aufgenommen wird:

"Der Bieter verpflichtet sich zur Anwendung der im jeweiligen Geschäftsfeld geltenden Tarife der DGB-Gewerkschaften."

3. Der Rat der Stadt Dortmund spricht sich für die schnellst mögliche flächendeckende Einführung von Mindestlöhnen in allen Branchen aus. Er appelliert an Land, Bund und Tarifparteien und beauftragt die Verwaltung, mit allen gebotenen Mitteln auf entsprechende gesetzliche und tarifliche Regelungen zu drängen. Die Verwaltung erstattet dem Rat zum Jahresende Bericht über ihre diesbezüglichen Aktivitäten."

Wie nicht anders erwartet, kam keiner unserer Anträge durch. Aber immerhin erreichten wir einen Teilerfolg. SPD und Grüne stellten einen Kompromiß zur Abstimmung:

"Der Rat stimmt der Neugründung unter dem Vorbehalt zu, dass die Arbeitsverhältnisse des EDG-Personals unberührt bleiben und Personalüberleitungen und Neueinstellungen mit der Zielsetzung erfolgen, die MitarbeiterInnen mindestens entsprechend den Tarifbedingungen des BDE-Tairfvertrages einzugruppieren." (Der BDE-Tarif ist schlechter als der TVÖD, aber nicht ganz so schlecht wie der Logistik-Tarif und jedenfalls besser als gar keine Tarifbindung.)

Dieser Kompromiß wurde mit den Stimmen von SPD, Grünen, Bürgerliste, uns und Linkem Bündnis angenommen. CDU und FDP stimmten für das unbeschränkte Lohndumping. Wie wir unsere Anträge begründeten, ist nachzulesen auf unserer website: www.dielinke-dortmund-kommunal.de

2. Dortmunder U – Begräbnis zweiter Klasse?

Die Museumspläne für das Dortmunder U sind wohl gescheitert, neue Hoffnung für das Ostwallmuseum. Das ist das Ergebnis der Ratsitzung vom 28.09.06.

Noch im Juni hatten SPD und Grüne ihre Zustimmung zu der von Oberbürgermeister Dr. Gerhard Langemeyer gewünschten Weiterverfolgung des Projektes nicht ausdrücklich an die Bedingungen der Landes- und EU-Förderung geknüpft. In der Sondersitzung des Rats am 10. August ermächtigte die Koalition den Oberbürgermeister, den Turm für einen Euro zu kaufen. Ende August beschloss die Ratsmehrheit die Sanierung des U-Turms für 7,4 Millionen Euro. Doch auf der gleichen Sitzung hatte der Rat eine Beschlußfassung über die voraussichtlichen Betriebskosten des U-Museums auf den 28.09.06 verschoben. Jetzt wurden die Betriebskostenaufstellung und die Deckungsvorschläge aber nur "zur Kenntnis genommen", ausdrücklich nicht beschlossen. Eine Niederlage für den OB, seine eigene Koalition versagte ihm die Gefolgschaft. Die Linke.PDS im Rat kommentierte das Ergebnis gegenüber den Medien:

"Soeben hat der Rat, auf Antrag der Koalitionsfraktionen, Dr. Langemeyers Museumsplänen ein Begräbnis zweiter Klasse verpasst. Und damit wahrscheinlich das Ostwallmuseum gerettet.

Im Juni sah es noch nicht danach aus. Doch binnen weniger Wochen gelang es der tiefroten und schwarz-gelben Opposition im Rat, einen Stimmungswandel herbeizuführen. Auch wenn das von der Linken und FDP/BL ernsthaft angestrebte Bürgerbegehren nicht zustande kam, reichte die Entschlossenheit der Gegner, Langemeyers Hybrid-Museum zum öffentlichen Thema zu machen und über Monate in den Medien zu halten. Und siehe da, allmählich neigte sich die Waagschale der veröffentlichten Meinungen auf die Seite derer, die vor Größenwahn und finanziellen Abenteuern warnten. Dem wachsenden Druck dieser Meinungen konnten sich letztlich auch SPD- und grüne Fraktion nicht mehr entziehen und fanden spät aber doch noch die Zivilcourage, ihrem Frontmann ein Stoppsignal zu setzen. Ein Erfolg demokratischer Oppositionsarbeit im Interesse der Bevölkerungsmehrheit."

Der Sprecher der Linken.PDS erklärte im Rat, die Betriebskostenschätzung sei so dilettantisch und die Deckungsvorschläge eine Provokation gegen den Rat, das dürfe der Rat nicht einfach zur Kenntnis nehmen, sondern müsse er zurückweisen. Die Begründung steht auf unserer website.

3. Phönix-See – Wirtschaftsförderung verdrängt Alt-Hörder aus Hörde

Mit einem "Projekt GenerationenZukunft am See" will die Wirtschaftsförderung der Stadt zusammen mit IHK, Handwerkskammer und anderen interessierten Kreisen Alt-Hörde zur Nobeladresse umbauen, mit Wellness, gehobenem Wohnkomfort und entsprechenden Schickimicki-Freizeitangeboten. Die Linke.PDS geißelte diese Pläne – als einzige Partei im Rat ! – als "Etikettenschwindel für die soziale Spaltung unserer Stadt." Lesen Sie unsere Kritik des Projekts auf www.dielinke-dortmund-kommunal.de

4. Bürgerbeteiligung beim Haushalt

In Absprache und Arbeitsteilung mit der Dortmunder WASG brachte die Linke.PDS Ratsgruppe erneut einen Antrag zur Bürgerbeteiligung ein (der Text stammt vom WASG-Kreissprecher Utz Kowalewski, vor einem Jahr hatten wir schon mal so einen Vorstoß unternommen):

"Die Bürger sind an der Erstellung des Haushaltes der Stadt Dortmund zu beteiligen.

Dazu sollen Bürgerversammlungen in den Stadtbezirken einberufen werden, auf denen der Gesamthaushalt entsprechend den Vorschlägen der Verwaltung diskutiert wird. Der Haushalt ist im Vorfeld der Bürgerversammlungen in Form eines für jeden Bürger leicht nachvollziehbaren Infobriefes (Broschüre) übersichtlich darzustellen. Vertreter der Verwaltung und der im Rat vertretenen politischen Parteien sollen an diesen Veranstaltungen teilnehmen und die Bürger über ihre Ansichten zur Verwaltungsvorlage für den Haushalt informieren.

Die einzelnen Bürgerversammlungen stimmen über den Haushaltsentwurf ab und geben damit dem Rat eine Abstimmungsempfehlung. Stimmt der Rat der Stadt Dortmund anders ab, als die Mehrzahl der Bürgerversammlungen ist eine Abstimmung unter allen wahlberechtigten Bürgern in Form eines Ratsbürgerentscheids zum Haushalt einzuleiten."

Begründung:

Die Demokratieverdrossenheit in Deutschland nimmt immer stärkere Ausmaße an, was sich unter anderem an dramatisch sinkenden Wahlbeteiligungen und an dem Erstarken rechtsextremistischer Parteien und Organisationen festmacht. Dieser Entwicklung müssen die demokratischen Parteien Rechnung tragen, indem sie die Bürger in ihre Entscheidungsprozesse einbinden und über die Gründe ihrer Entscheidungen offen und ehrlich informieren.

Verschiedene Formen der Bürgerbeteiligungen werden inzwischen von zahlreichen Organisationen des öffentlichen Lebens diskutiert. "Mehr Demokratie" e.V. bezeichnet die Mitbestimmungsmöglichkeiten durch Volksentscheide und Bürgerbegehren in NRW als ausgesprochen rückständig verglichen mit anderen Bundesländern, die Bertelsmannstiftung beklagt eine weitgehende Distanzierung politischer Entscheidungswege von den Bedürfnissen der Bürger und führt Pilotprojekte zum Thema Bürgerhaushalt durch. Parteien wie die WASG oder die Grünen haben eine Demokratisierung politischer Entscheidungsprozesse zum Teil ihrer Programmatik gemacht. Die FDP hat auf ihrem Nürnberger Parteitag durch einen Leitantrag des heutigen Parteivorsitzenden Westerwelle eine Stärkung der Bürgerrechte und der direkten Demokratie gefordert und die Landesregierung NRW unter Führung von Herrn Rüttgers (CDU) möchte sogar das Kommunalwahlrecht im Sinne eines Kumulierens und Panaschierens im Sinne von "Mehr Demokratie" e.V. ändern. Mutterparteien und parteinahe Organisationen aller im Rat vertretenen Fraktionen sind sich also einig, die Bürger stärker an politischen Entscheidungen beteiligen zu wollen. Dortmund sollte nicht hinter den aktuellen Entwicklungen hin zu mehr Demokratie und stärkerer Bürgerbeteiligung zurückbleiben."

Natürlich war die Vorstellung den etablierten "Haushaltsexperten" ein Greuel, sie müssten ihr Herrschaftswissen einer breiten Masse offenbaren, natürlich verstößt das "gegen geltendes Recht". Immerhin reagierten Grüne und SPD auf unseren Antrag mit der Ankündigung, bis zum Jahresende ein eigenes Konzept zur Bürgerbeteiligung im Rat vorzulegen. Na bitte.

5. Masterplan Integration – CDU, FDP und Nazis lehnen Leitbild ab

Zoff gab es wieder stundenlang um die Auftaktveranstaltung zum Masterplan Integration. Der Rat sollte und die Mehrheit wollte auch das dort entworfene Leitbild bestätigen und grünes Licht zur Umsetzung geben. Die CDU stellte zwei Seiten "Wenn und Aber" dagegen und erntete damit zum Teil "Rassismus"-Vorwürfe von der Grünen Birgit Unger (die sich dafür dann förmlich entschuldigen musste, obwohl sie in der Sache Recht hatte). Die Neu-(und Alt-?)Nazis durften so lange wie noch nie ungehindert ihre Hetze verbreiten, aber diesmal verließen auch die meisten CDU-ler angewidert den Ratssaal.

Nursel Konak für die Linke.PDS begrüßte das Leitbild mit den vom Ausländerbeirat: vorgeschlagenen Änderungen und forderte zu seiner Weiterentwicklung in Richtung konkreter Maßnahmen auf:

  • "Kostenlose Sprachkurse für Frauen vor Ort,
  • kostenlose Deutschkurse für Kinder im Vorschulalter,
  • mehr Geld für Bildung,
  • kein selektives Schulsystem, eine einheitliche Ganztagsschule,
  • Das Ende der diskriminierenden, spaltenden Diskussion über Gesinnungstests usw.,
  • Abschaffung des ausgrenzenden Ausländergesetzes,
  • Erleichterung der Eibürgerung für alle, die Deutschland als ihren Lebensmittelpunkt wählen,
  • Möglichkeiten zur Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben,
  • Chancengleichheit vom Kindergarten bis zu den Hochschulen."

Nursels vollständige Rede finden Sie auf der website www.dielinke-dortmund-kommunal.de

6. Förderung regenerativer Energien in Neubaugebieten

Die Verwaltung hat ein Konzept ausgearbeitet, nach dem Bauherren in Neubaugebieten bei Energieeinsparungen und der Verwendung regenerativer Energieträger beraten und gefördert werden können. In größeren zusammenhängenden Siedlungsprojekten sollen Energiekonzepte in die Bauleitplanung einfließen.

Zu unserer eigenen Vorbereitung auf diesen Tagesordnungspunkt hatten die Mandatsträger-innen der Linken.PDS aus Rat und Bezirksvertretungen eine öffentliche Beratung am 13.09.06 zur Energieversorgung und Biomasseverwertung, mit dem Experten Manfred Stuhm aus Dortmund-Mengede durchgeführt. Daraus ergab sich eine fundierte Kritik am städtischen Konzept, die uns aber nicht hinderte, ihm zuzustimmen, weil es wenigstens schon mal einen Schritt in die richtige Richtung macht (und weil wir auch nicht mit den "umweltpolitischen Selbstmördern" CDU und FDP in einem Topf landen wollten, die das Konzept nämlich ablehnten). Unsere Kritik in Kurzform auf der website.

7. Atomtransporte an Dortmunds Stadtgrenze

Im August hatten wir eine Anfrage an die Verwaltung gerichtet, um zu erfahren, ob sie von den ständigen Atomtransporten auf der Bahnstrecke an der nördlichen Stadtgrenze weiß und Vorkehrungen des Katastrophenschutzes getroffen hat.

Die Antwort liegt jetzt vor. Sie ist erschütternd: Die städtischen Verantwortlichen übernehmen keinerlei Verantwortung für den Schutz der Bevölkerung. Den vollständigen Text dokumentieren wir auf der website.

Zuguterletzt zwei Ankündigungen:

  • In der nächsten Ratssitzung, am 09.11.06 sollen die Ausbauwünsche des Flughafens beraten werden. Die Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm hat bereits ihren Besuch der Ratssitzung angekündigt.

  • Der Betriebsrat der Ruhr-Lippe-Wohnungsbaugesellschaft bittet um solidarische Unterstützung bei einer Demonstration der Belegschaft gegen die Verkaufspläne der Landesregierung: Die Demo geht am 13.10.06 um 13.30 Uhr von der Kar-Harr-Straße 5 (Ruhr-Lippe-Verwaltung) zum Clarenberg.

Soviel für diesmal. Eine gute Zeit bis zum nächsten Infodienst wünschen

Nursel Konak und Wolf Stammnitz

Quelle: Infodienst der Ratsgruppe DieLinke.PDS vom 29.09.06

Artikelaktionen